Händel : Israel in Egypt
Sa., 18. Mai
|Göttingen
Ruby Hughes, Soprano / Lucy De Butts, Soprano / Maarten Engeltjes, Countertenor / Fabio Trümpy, Tenor / Joshua Bloom, Bass / Andreas Pruys, Bass / NDR Vokalensemble / FestspielOrchester Göttingen / Klaas Stok, Musical Director
Time & Location
18. Mai 2024, 19:00
Göttingen, Albanipl. 2, 37073 Göttingen, Germany
About the event
Ruby Hughes Sopran Lucy De Butts Sopran Maarten Engeltjes Countertenor Fabio Trümpy Tenor Joshua Bloom Bass Andreas Pruys Bass
NDR Vokalensemble
FestspielOrchester Göttingen
Klaas Stok Musikalische Leitung
Werkeinführung (dt.) 18.5., 18.00 Uhr Prof. Dr. Peter Overbeck Stadthalle, Tagungsraum 4 Eintritt zur Werkeinführung frei mit gültiger Eintrittskarte.
Die Geschichte des Volkes Israel ist eine Fluchtgeschichte: Mit dem „Exodus“, dem Auszug aus Ägypten, beginnt das zweite Buch des Tanach und des Alten Testaments. Eine historische Grundlage gibt es hierfür nicht, wohl aber die Tatsache, dass zu Zeiten der Pharaonen afro-asiatische Nomaden, Semiten, zu gigantischen Bauarbeiten gezwungen wurden und manchen von ihnen in Kleingruppen die Flucht aus Ägypten glückte. Die biblische Rettung gelingt durch Moses, der die Fliehenden durch Schilfmeer und Wüste bis ins bergige Kanaan führt – das Gebiet, das den Israeliten als Siedlungsfläche durch ihren Gott JHWH versprochen wurde.
Als sich Georg Friedrich Händel 1738 dem Stoff widmete, war das Königreich Großbritannien unter Georg II. im Begriff, mittels Sklavenarbeit die Kolonien auszuweiten. Händels Wahlheimat stand damals in Konkurrenz zum verhassten Spanien, dem es schon bald den Rang als Weltmacht abtrotzen sollte. Das Oratorium Israel in Egypt birgt jedoch keine Kritik am britischen Kolonialstil. Im Gegenteil, Händel versuchte, den Zeitgeist zu treffen: Die Engländer sahen sich als auserwähltes Volk – Aaron, Sarah und Abraham waren zu jener Zeit ihre beliebtesten Taufnamen. In der sich selbst übergestülpten Rolle konnten sie dem imperialistischen Gestus ihrer Politik einen unverfänglichen Platz zuweisen.
Mit dem Thema war Händel also am Puls der Zeit – aber musikalisch forderte er das Publikum heraus. Die wuchtigen Klänge, die dramatischen Schilderungen des Chores verfehlen bis heute nicht ihre Wirkung. Im ersten Teil, der damals auf die Trauerode für Queen Caroline folgte, lässt Händel die zehn biblischen Plagen, die Ägypten befallen, weil der Pharao die Sklaven nicht ziehen lassen will, musikalisch über das Publikum herfallen: Der Hagelchor fegt mit bombastischen Dreiklängen durch den Saal, beim Mückenchor möchte man sich aufgrund des Violinschwirrens fast ins Gesicht klatschen und der Paukenwirbel zieht Hörerinnen und Hörer in seinen Sog wie das tosende Meer die ägyptischen Verfolger.
Verseuchtes Wasser, Insektenplagen, Epidemien, Klimakatastrophen bis hin zum Tod ... Es ist doch erstaunlich, dass Ausbeutung und Unterdrückung bis heute denselben Tribut fordern – ganz ohne göttliche Rache. Ob mutige Geflüchtete irgendwann wie bei Händel in Chor-Kaskaden triumphieren und im Trompetenglanz erstrahlen werden?